Die Anfänge der Psychoanalyse (Kurzer Abriss)

  • Die Anfänge der Psychoanalyse.



    Wir können in dieser Schrift die hochinteressante Entwicklung der Psychoanalyse nur kurz skizzieren. Ihre Anfänge finden wir im Schamanismus, in der z. B. die Krankheit mitder Seele gleichgesetzt wird, diese sogar, im Glauben der Quechua-Indianer, ganz oder teilweise den Körper verlassen und nur durch ein entsprechendes Ritual wieder in den Körper zurückkehren kann. Diagnostiziertwird dieser Zustand aufgrund des körperlichen Verfalls des Betroffenen und weil unter Schlafstörungen und Albträumen leidet. Den Gegensatz zum Verlust der Seele bildet die Besessenheit, das Eindringen böserGeister in den Körper und dessen Inbesitznahme. Die unterschiedlichen Symptome wie somnambule und luzide Besessenheit führten zu verschiedenen Interpretationen der Krankheit. Bei somnambuler Besessenheit verliertder Betroffene von einem Augenblick zum anderen das Bewusstsein seines Selbst, während der vermeintliche Eindringling bzw. dessen ‘Ich bin’ dessen Stelle einnimmt. Später kann sich der Betroffene an nichtserinnern, was der Andere gesagt oder getan hat. Bei luzider Besessenheit wird das ‘Ich bin’ lediglich verdrängt und zum Beobachter degradiert. Man kann in diesen Fällen von einem intrapsychischen Parasitismussprechen oder analog dazu, von einem parasitären Geist in der Seele. Hierbei wurde noch zwischen manifester und latenter Besessenheit unterschieden. Manifest ist die Besessenheit, wenn der besitzergreifende Geist durchden Mund des Betroffenen spricht und latent, wenn er nichts davon weiß. So kann er im letzteren Fall über Jahre an geistigen und körperlichen Störungen leiden, ohne die Ursache, die Besetzung durch einenbösen Geist, zu erkennen.

    Der Wendepunkt vom Schamanismus bzw. des kirchlichen Exorzismus zur Psychotherapie ist verbunden mit der Gestalt Franz Anton Mesmer (1743 - 1815). Er griff die von englischen Ärztenpraktizierte Behandlung mit Magneten auf, um im Körper seiner Patientin ein künstliches Hochwasser zu erzeugen. Dazu ließ er sie ein eisenhaltiges Präparat einnehmen, befestigte Magnete an Bauch und Beinenund wartete auf eine Reaktion vonseiten der Patientin. Kurze Zeit später fühlte sie prickelnde Ströme durch ihren Körper abwärts strömen und für Stunden war sie völlig beschwerdefrei.Mesmer erkannte sofort, dass die Heilung nicht nur durch die Magnete erfolgt sein konnte und schloss auf ein bisher verborgenes Agens, welches sich in ihm selbst aufgebaut hatte und das er als ‘thierischen Magnetismus’bezeichnete. Der Magnetismus hielt Einzug bei Ärzten, die nahezu jede Krankheit damit zu behandeln versuchten und zugleich eroberte er die Gesellschaft, weil Magnetiseure öffentlich auf Bühnen ihr Könnendemonstrierten. Letzteres war sicher einer der Hauptgründe dafür, dass ihm die wissenschaftliche Anerkennung versagt blieb. Gleichzeitig vermischte er sich mit dem Okkultismus und des Öfteren geriet er in dieNähe der Scharlatanerie.
    Mit dem Auftreten des Spiritismus, der aus den USA über England nach Deutschland kam und wenig später auch Frankreich überflutete, bekam auch die Psychiatrie neue Möglichkeitendes Erkenntnisgewinns. Angefangen hat er 1847 in Hydesville bei Arcadia, als ein Mann sich von seltsamen Geräuschen in seinem Haus belästigt fühlte. Kurz darauf vermietete er es an John Fox und dessen Familie.An einem Abend im März 1848 wiederholten sich die Geräusche, die eine seiner Töchter absichtlich ausgeführt hatte. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen stellte sich heraus, dass in dem Haus ein Mann ermordetund im Keller verscharrt worden war. In den folgenden Wochen und Monaten Schwärme von Neugierigen in das Haus der Familie Fox und liefen der Tochter bzw. den ihr folgenden Klopfgeräuschen hinterher. Angeblich äußertensich darin die Geister Verstorbener. In den Jahren darauf wurde immer öfter von physikalischen Phänomenen berichtet, so fingen z. B. bei Séancen Tische an sich zu bewegen, laute Geräusche ertöntenund ein sonderbares Fluidum wurde sichtbar.
    Mittlerweile hatte man entdeckt, dass die Erscheinungen von der Persönlichkeit der Teilnehmer bzw. der Medien abhängig waren. Auch die Fähigkeiten der Medien unterschiedensich und reichten vom automatischen Schreiben über das Sprechen in Trance bis zur Hervorbringung physikalischer Phänomene.
    Der Spiritismus war für die Entwicklung der Psychiatrie von nicht zu unterschätzender Bedeutung, weil er den Psychologen indirekt neue Wege zur Psyche des Menschen eröffnete.Gerade das automatische Schreiben fand als Methode der Erforschung des Unbewussten großen Anklang. Die Medien standen jetzt als Versuchspersonen für psychologische Untersuchungen zur Verfügung und führtezu einem neuen Strukturmodell der Psyche.
    Mit zwei der oben angesprochenen Themen müssen wir uns ausführlicher beschäftigen, weil sie ein helles Licht auf den im Dunkel verborgenen Dualismus des Kosmos werfen.Die Schilderungen von Besessenheit reichen in der Menschheitsgeschichte weit zurück, während der Spiritismus, insbesondere die Medien, erst in den vergangenen 150 Jahren in den Blickpunkt der wissenschaftlichen Untersuchungrückten. Die Unterscheidung von der Besessenheit eines Menschen, durch einen Geist, die Seele eines Verstorbenen oder Dämons, und der von Medien, die zumeist von höheren Wesen als Sprachrohr für ihre Durchsagenbenutzt werden, liegt einzig in der Freiwilligkeit der Medien, die ihren Körper in Trance versetzen, um den Kontakt zu ermöglichen.
    Im Gegensatz zu der Besessenheit bedeutet Ekstase (vom griech: ‘èkstasis): ‘das Aus-sich-Heraustreten’, und meint damit das Entfernen von der Stelle oder auchVerrücktheit und Entzückung. Im klassischen Sinn bezeichnet es zunächst räumliche und körperliche Vorgänge, welche vom normalen Abweichen, wie das im übertragenen Sinn gemeinte ‘Verrückt’ sein. Der Begriff wird bereits im Dionysoskult verwendet und verweist dort bereits auf Veränderung bzw. Ausschaltung des menschlichen Bewusstseinsdurch göttliche Mächte hin.
    Plato (427-348/347 v. Chr.) verwendet den Begriff philosophisch im Sinne enthusiastischer Entrückung (theia mania), welche zur Erkenntnis der Wahrheit führt. Später, nach den hellenistischen Mysterienkulten, wo der Myste die Alltagsgrenzen seines Körpers verlässt,um die Vereinigung mit der Gottheit zu erzielen, sagt Plotin (205-270), dass der Zustand des Ruhens in Gott eher durch Reinigung und Askese erreicht werden kann. Im Neuplatonismus wurde die mystische Ekstase zur Schau des‚Einen Gottes‘ und seiner Erkenntnis.
    Die Ekstase schafft Zugang zu einer anderen Wirklichkeit, einem veränderten Bewusstseinszustand. Dadurch gelingt der Kontakt mit dem Jenseits im Diesseits. Sie wird körperlicherlebt und induziert, z. B. durch rhythmische Stimulation und bestimmte Frequenzen, die die Gehirnwellen beeinflussen. Zusätzlich werden durch das Tanzen Endorphine ausgeschüttet.
    Ein bedeutsamer Aspekt ist die kulturspezifische Wahrnehmung von Geistern. So ist es unwahrscheinlich, dass ein Christ den Göttern primitiver Völker begegnet. Ähnlichesbezieht sich stets auf Ähnliches, anders formuliert: Den Geist der Anderen nehmen wir nicht wahr.
    In der wörtlichen Bedeutung hat Besessenheit durch Einwirkung des Christentums eine negative Bedeutung erlangt. Zur dämonischen Besessenheit später mehr.
    Oft wurde die Besessenheit mit Epilepsie in Verbindung gebracht, und so beginnt ihre Geschichte mit den Beobachtungen von P. Briquet (1796-1881), der sie zuerst als Krankheit bezeichnete,die in einem Fehlverhalten von bestimmten Gehirnbereichen bestehe, welche das emotionale und sensorische Verhalten steuern. Der Nachweis gelang ihm nicht. Außerdem hielt er eine ‚erbliche Disposition‘ fürausschlaggebend.
    Die moderne Definition geht auf J. M. Charcot (1825-1893) und Pierre Janet (1859-1947) zurück. Für deren Schule wird der hysterische Anfall in drei Stadien unterteilt:
    Halluzinationen, organische Störungen und Beeinträchtigungen der Empfindlichkeit; danachfolgt eine Art epileptischer Anfall mit anschließendem Schlaf und anormaler Atmung, und letztlich kam der Betroffene wieder zu Bewusstsein, bewegte seinen Körper, indem er Verrenkungen und Verdrehungen vollführte.
    Zuweilen verlief der Anfall auch anders und so gab man einer Erscheinungsform den Namen ‚dämonischer Anfall‘, weil er Ähnlichkeiten mit den von der Kirche beschriebenenBesessenheitsfällen aufwies. Den Versuch, Fälle dieser Art wissenschaftlich zu untersuchen, machte zuerst T. K. Oesterreich. Sein Werk ‚Die Besessenheit‘ beschreibt eine unglaubliche Anzahl von Fallgeschichten,die bis zum Orakel von Delphi zurückgeht. Er wies der Besessenheit einen Platz zwischen Hysterie und Ekstase zu.

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